Ordentlich unkündbare Arbeitnehmer

Das Recht zur ordentlichen Kündigung kann tarif- oder einzelvertraglich abbedungen werden. Das gilt indes nicht für die außerordentliche Kündigung. Bei den „Unkündbaren“ stellt sich somit die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine außerordentlich Kündigung aus wichtigem Grund zulässig ist.

I. wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB

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Kündigung

Grundsätzlich ist beim Begriff des „wichtigen Grundes“ davon auszugehen, dass er im Sinne des § 626 BGB verwendet wird. Es gilt daher die übliche zweistufige Prüfung (1. Wichtiger Grund „an sich“ und 2. Interessenabwägung hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, s.o.). Bei den Zumutbarkeitserwägungen ist dabei nicht auf die fiktive Kündigungsfrist abzustellen, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung. Die „Unkündbarkeit“ kann sich zu Gunsten wie auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers auswirken. Bei einmaligen Vorfällen ohne Wiederholungsgefahr wirkt sich die längere Vertragsbindung zu Gunsten des Arbeitnehmers aus. Bei Dauertatbeständen oder Vorfällen mit Wiederholungsgefahr kann die Fortsetzung demgegenüber u.U. eher für den Arbeitgeber unzumutbar sein als bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer.

1. außerordentliche betriebsbedingte Kündigung

Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung kann nur ausnahmsweise zulässig sein, da der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko trägt, wozu auch die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gehört. Unzumutbarkeit kann indes vorliegen, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Betriebsschließung keine Verwendung mehr für die Arbeitsleistung – auch in einem anderen Betrieb hat, jedoch das Gehalt weiterzahlen müsste.

Fehlen tarifvertragliche Regelungen für die Kündbarkeit eines ordentlich aus betriebsbedingten Gründen nicht mehr Kündbaren, so tritt die Frage einer möglichen Weiterbeschäftigung in den Vordergrund. An die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung werden dann aber verschärfte Anforderungen gestellt. Der Arbeitgeber muss dann substantiiert darlegen, warum das Freimachen eines geeigneten Arbeitsplatzes oder seine Schaffung nicht möglich oder nicht zumutbar sein soll. Es besteht aber keine Pflicht des Arbeitgebers, einen besetzten, in Frage kommenden Arbeitsplatz „freizukündigen“. Auch das zu erwartende Freiwerden aufgrund üblicher Fluktuation ist zu berücksichtigen.

Im Übrigen sind bei der Konkretisierung des wichtigen Grundes Sinn und Zweck der Unkündbarkeitsklausel entscheidend. Es ist immer zu klären, inwiefern betriebsbedingte Kündigungen von der Unkündbarkeitsklausel erfasst werden sollen. Bedeutsam ist, ob der Arbeitgeber insbesondere das Risiko übernommen hat, das Arbeitsverhältnis auch ohne Beschäftigungsmöglichkeit fortzusetzen.

2. außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung

Bei verhaltensbedingten Kündigungen bezwecken sowohl die Tarif- als auch die Arbeitsvertragsparteien mit Unkündbarkeitsklauseln regelmäßig nicht den Schutz solcher Arbeitnehmer, die ihre Vertragspflichten schuldhaft verletzen. Gegebenenfalls kommt in solchen Fällen eine fiktive Kündigungsfrist mit sozialer Auslauffrist in Betracht. Eine außerordentliche Kündigung ohne eine solche Auslauffrist ist indes nur bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf dieser Frist möglich. Es muss ein Kündigungssachverhalt vorliegen, der so schwerwiegend ist, dass auch einem tariflich ordentlich kündbarem Arbeitnehmer außerordentlich fristlos hätte gekündigt werden können. Hier hat die ordentliche Unkündbarkeit bei der Interessenabwägung i.S.d. § 626 BGB keinen Einfluss.

3. außerordentliche personenbedingte Kündigung

Bei personenbedingten Kündigungen, insbesondere wegen Krankheit, kann beim Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit nur ganz ausnahmsweise eine außerordentliche in Betracht kommen. Zwar kann die Krankheit einen „wichtigen Grund“ i.S.d. § 626 BGB darstellen. Gleichwohl ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nur in ganz engen Grenzen unzumutbar, da schon bei der ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab angelegt wird. In jedem Fall ist dem Arbeitnehmer dann eine soziale Auslauffrist zu gewähren, welche der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht.

Oft sind Vereinbarungen von Bedeutung, welche die ordentliche Kündigung von älteren oder solchen Arbeitnehmern ausschließen, die eine lange Betriebszugehörigkeit haben. Das Risiko langfristiger Krankheiten soll gerade durch die Unkündbarkeit abgedeckt werden. Altersbedingten Einschränkungen soll durch andere Maßnahmen als Kündigungen (z.B. durch Umsetzung) begegnet werden. Kann der Arbeitnehmer aber seine Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen, ist bei der Unzumutbarkeitsprüfung zu Gunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen, dass er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem „Unkündbaren“ Zusatzleistungen in Form von z.B. Urlausabgeltung etc. erbringen muss, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten.

II. Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB

Die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt bei der personenbedingten Kündigung in dem Zeitpunkt, wo der Arbeitgeber von dem Ausfall Kenntnis erlangt. Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit handelt es sich hingegen um einen Dauertatbestand, bei dem es für die Einhaltung der 2-Wochen-Frist ausreicht, dass er in den letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung angehalten hat.

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