Anwendbarkeit des Kün­­­­­digungs­­­­schutz­­­­­gesetzes

I. Vorbemerkung

Hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt, stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage, ob er hiergegen etwas unternehmen soll. Ein wichtiger Aspekt für diese Entscheidung ist die Frage, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zugunsten des Arbeitnehmers eingreift.

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Anwendbarkeit des Kün­­­­­digungs­­­­schutz­­­­­gesetzes

Dies setzt zunächst voraus, dass dem Arbeitnehmer ordentlich gekündigt wurde. Zwar spricht § 1 KSchG lediglich von „Kündigung“, differenziert also nicht zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Dem Wortlaut steht indessen § 13 Abs. 1 S. 1 KSchG gegenüber, wonach durch das KSchG die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht berührt werden. Damit ist gemeint, dass für die außerordentliche Kündigung keine weitere Voraussetzung als ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 BGB inhaltlich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Demgegenüber ist eine ordentliche Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Ungerechtfertigt ist sie, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (vgl. § 1 Abs. 2 KSchG). Ebenso ist sie sozial ungerechtfertigt, wenn der Betriebs- oder Personalrat aus verschiedenen Gründen – umfassend aufgeführt in § 1 Abs. 2 KSchG – widerspricht.

II. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (Schwellenwert und Dauer des Arbeitsverhältnisses)

Gem. § 23 gilt das KSchG für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts. Der gekündigte Arbeitnehmer muss also in einem Betrieb, nicht in einem Unternehmen, zu dem u. U. mehrere Betriebe gehören, beschäftigt gewesen sein. Der Begriff „Betrieb“ ist dabei weit auszulegen, so dass auch freiberufliche Arbeitsstätten (Ärzte, Architekten, Steuerberater, etc.) hierunter fallen. Als Betrieb wird die organisatorische Einheit bezeichnet, innerhalb derer der Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Da mit einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation und nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen. Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere wesentliche Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten selbständig treffen zu können.

Von Betrieben zu unterscheiden sind Betriebsteile, die keinen eigenen Leitungsapparat haben und damit gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch unselbständig sind. Betriebsteile verfügen allerdings über einen eigenen Mitarbeiterstamm und eigene technische Hilfsmittel. § 23 KSchG unterscheidet aber nicht zwischen Betrieb und Betriebsteil, auch setzt ein Betrieb keine räumliche Einheit voraus.

Maßgebend für die Auslösung des Kündigungsschutzes ist die Zahl der Arbeitnehmer eines in Deutschland gelegenen Betriebes.

§ 23 KSchG stellt auf eine Mindestbeschäftigtenzahl ab. Ist sie unterschritten, greift das KSchG nicht ein. Der sogenannte Schwellenwert ist mehrfach geändert worden. Derzeit liegt er bei 10 Arbeitnehmern. Seit 01.01.2004 unterfallen Betriebe nicht dem KSchG, wenn regelmäßig zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden (auch: Praktikanten, Umschüler, Volontäre) beschäftigt werden. Teilzeitbeschäftigte werden quotal berücksichtigt, d.h. bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden werden sie mit 0,5 und bei regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden Wochenarbeitszeit werden sie mit 0,75 berechnet (vgl. § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG). Kündigungsschutz greift also bei einer regelmäßigen Beschäftigtenzahl von 10,25 Arbeitnehmern ein.

Nur schwer verständlich ist die Übergangsreglung des § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 KSchG, durch die zum 01.01.2004 der Schwellenwert von fünf auf zehn Arbeitnehmer angehoben wurde. Der alte Schwellenwert von fünf Arbeitnehmern gilt für die zum 31.12.2003 beschäftigten Arbeitnehmer, kann aber auch nur von diesen überschritten werden. Der Bestandsschutz gilt dabei unbefristet für alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Betrieb bereits am 31.12.2003 bestanden hat. Die Vorschrift führt im Ergebnis zu kündigungsrechtlich unterschiedlicher Behandlung der Arbeitnehmer. So behalten diejenigen, die am 31.12.2003 im Betrieb beschäftigt waren, den Kündigungsschutz auch, wenn ab dem nach dem 01.01.2004 mehr als fünf, aber weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren. Die Erhöhung des Schwellenwertes gilt nur für Neueinstellungen ab dem 01.01.2004.

Zur Bestimmung der Arbeitnehmerzahl kommt es auf die „in der Regel“ Beschäftigten an, also auf diejenigen, die normalerweise und nicht gerade im Kündigungszeitpunkt beschäftigt werden. Der gekündigte Arbeitnehmer ist dabei mitzuzählen, ebenso die gleichzeitig oder kurz zuvor Gekündigten.

Vorübergehend wegen Mutterschaft oder Wehrdienst ruhende Arbeitsverhältnisse sind mitzurechnen, nicht jedoch für diese Arbeitnehmer eingestellte Ersatzkräfte. Leiharbeitnehmer zählen nicht im Betrieb des Entleihers, sondern nur beim Verleiher mit. Heimarbeiter und arbeitnehmerähnliche Personen bleiben ebenfalls unberücksichtigt.

Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist, dass das Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate bestanden haben muss (vgl. § 1 Abs. 1 KSchG). Bei einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB gehen die Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber über, nicht jedoch der Kündigungsschutz, wenn in seinem Betrieb keiner besteht.

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